Zum Rücktritt von Frau Stoffers


Kommentar

Das Personalkarussell der CDU nimmt Fahrt auf. Nach Alfred Rathjen verabschiedet sich Simone Stoffers aus dem Gemeinderat.

Beiden Personen sind ein paar Dinge gemeinsam. Herr Rathjen hat verschiedene Ämter bekleidet. Frau Stoffers ist in mehreren Vereinen tätig und 1. Vorsitzende des DRK Scheessel. Das sind Lebenserfahrungen, die die Fähigkeit zur Kritik garantieren. Und es sind Personen, die sich nicht gängeln lassen.

Herr Rathjen beklagt, über die Absicht, den Kindergarten in seinem Wohnort zu schließen, zuerst aus der Presse erfahren zu haben.
Frau Stoffers wünscht der CDU, zur politischen Kultur zurückzukehren.

Beide haben mehr Anlass als die aktuellen Unstimmigkeiten, die für sich gesehen für einen Rücktritt kaum ausreichen.

Im Kern geht es weniger um die Personen als um die Partei. Sie hat das Problem, erfahrene Leute zu verlieren. Aber hat sie dies nicht selbst verschuldet?

Es ging um die Bebauungsplanänderung für Lidl im Zentrum Scheessels. Rein zufällig gehört das Gelände der Familie des Ratsvorsitzenden. Und rein zufällig soll die Entscheidung binnen weniger Wochen durchgepeitscht werden, ganz im Gegensatz zu vergleichbaren Entscheidungen. Frau Stoffers sitzt im Kernortausschuss, der eine Empfehlung für den Rat abgeben soll. Da sie gegen die Bebauungsplanänderung ist, entscheidet die Fraktion unter Vorsitz von Herrn Frick, dass sie an der Sitzung nicht teilzunehmen hat und dass Herr Frick an ihrer Stelle im Kernortausschuss für die Änderung des Bebauungsplans stimmt.

Eigentlich hat ein Mitglied in einem Ausschuss dort seine Überzeugung zu vertreten. Ist ein Mitglied verhindert, so soll sich der Vertreter auf der Linie des Mitglieds bewegen.Nicht so in der CDU. Wer nicht die Linie, die Herr Frick vorgibt, vertritt, hat schlechte Karten.

Im Allgemeinen stößt so etwas sauer auf. Und dann darf sich Ähnliches nicht wiederholen. Andernfalls sagen Menschen mit der Lebenserfahrung einer Frau Stoffers und eines Herrn Rathjen: Macht euren Kram alleine.

Welche Rolle spielt Herr Frick?

Herr Frick ist der Fraktionsvorsitzende der CDU. Häufig ist vom Strippenzieher die Rede.
Herr Frick ersetzt also Frau Stoffers im Kernortausschuss und dreht deren Meinung in die seinige um.
Herr Frick sitzt auch im Kreistag. Dort stimmt er, ohne Rücksprache mit dem Gemeinderat, für eine Erhöhung der Kreisumlage um 2%. Brisant dabei: hätten die beiden Scheesseler CDU-Kreistagsmitglieder, Frau Bassen und Herr Frick, mit Nein gestimmt, so wäre die Kreisumlage nicht erhöht worden. Herr Frick greift also ohne Abstimmung der Gemeinde in die Kasse.

Der Jugendtreff in Scheessel, der sich gegen alle Anfechtungen durchgesetzt hat, ist heute von nahezu allen Politikern parteiübergreifend anerkannt. Gerade die psychologische Arbeit an Jugendlichen wird als sehr gelungene Prävention bezeichnet. Nun hat die Opposition den Antrag gestellt, alle 14 Tage einen weiteren Öffnungstag für den Jugendtreff zu genehmigen. Dieses Geld für die Arbeit an den Jugendlichen sei gut investiert. Dennoch stimmt die CDU unter Vorsitz von Herrn Frick dagegen. Schließlich muss das Geld, das dem Landkreis nachgeworfen wird, irgend wo herkommen.

Der Haushalt 2010 weist ein großes Defizit auf. Wie groß es ist, weiß keiner so genau. Den wesentlichen Teil des Verlusts machen Abschreibungen für Gebäude und Strassen aus. Wie hoch diese sind, wurde nicht ermittelt, sondern unter Einschaltung des gesunden Menschenverstands von der Verwaltung "ermittelt".

Frau Stoffers ist verheiratet mit einem Sachverständigen der Immobilienbranche, der sich mit Bewertungen auskennt. Frau Stoffers dürfte durchschaut haben, dass die Bewertung auf tönernen Füßen steht. Man hätte die Umstellung auf das neue Buchhaltungssystem Doppik um ein Jahr verschieben können, vielleicht sogar müssen. Aber man hatte ja die Umstellung schon lauthals angekündigt. So kommt es wie es bei der absoluten Mehrheit unter Führung von Herrn Frick kaum anders zu erwarten war. Man setzt einen bestenfalls mangelhaft ermittelten Verlust ein, läßt keine Diskussion mit den Ratsmitgliedern zu, ermittelt aus diesem Verlust angeblich erforderliche Steuererhöhungen.
In der entscheidenden Gemeinderatssitzung räumt die Bürgermeisterin den Sachverhalt zur Bewertung im Rahmen der Doppik grundsätzlich ein und meint, dass eine genauere Bewertung, die bis Jahresende dauern wird, möglicherweise zu geringerem Verlust führt. Aber das sei für die Finanzen der Gemeinde ja nur gut.

Unter Federführung von Herrn Frick werden deutliche Steuererhöhungen durchgesetzt, für die die Grundlage sehr schwammig ist.

Unter Wort- und Federführung von Herrn Frick wird im Gemeinderat mit der absoluten Mehrheit der CDU ein Haushalt verabschiedet, der vielerlei Ansatz zur Kritik liefert.

Herr Rathjen und Frau Stoffers haben den Rat verlassen.

Hat die CDU jetzt ein "Problem Rathjen", ein "Problem Stoffers" oder gleich beide?

Ich meine, die CDU hat ein "Problem Frick".

Frau Stoffers und Herr Rathjen werden bei der Lösung dieses Problems nicht mehr helfen. Die Zukunft wird zeigen, welchen Weg die CDU einschlägt. Alte, erfahrene Hasen durch Studenten zu ersetzen, wie im Fall Rathjen geschehen, wird nicht der Königsweg sein.

Ernst Friesecke




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