Herr Grindel (CDU) würdigt den Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger


Herr Grindel stellt seine Sicht der Hartz-IV-Leistungen vor, nachzulesen in der   Rotenburger Rundschau v. 10.10.2010, S. 13.
Die Kernaussagen sollen hier aufgegriffen und analysiert werden.

Herr Grindel

"Hartz IV ist mehr als der Regelsatz. Insofern ist die Debatte über die Erhöhung um fünf Euro verkürzt und missverständlich"

Analyse

Die CDU plant, den Regelsatz um fünf Euro zu erhöhen. Dieser beträgt derzeit 359,-- Euro. Der Regelsatz ist eine Komponente der Hartz-IV-Leistungen. Wenn diese kritisch diskutiert wird, ist daran nichts verkürzt oder missverständlich.

Herr Grindel

"So werden auch Miete, Nebenkosten und Heizkosten bis zu einem bestimmten Betrag bezahlt. Das wird bei der Diskussion zu häufig vergessen."

Analyse

Die Diskussion entstand zu den von der Bundesregierung neu berechneten Regelsätzen. Die Leistungen der Wohnungsfinanzierung wurden in der Diskussion nicht "vergessen". Hier gibt es keinen Diskussionsbedarf, da sich nichts geändert hat.

Herr Grindel

Hartz IV sei jetzt erstmals aufgrund der Lebenswirklichkeit nachvollziehbar berechnet worden

Analyse

Die Berechnungsgrundlagen hat die Bundesregierung trotz wiederholter Anforderung der Oppositionsparteien nicht herausgegeben (   s. hier  ). Erst auf massiven Druck hat das Bundesministerium für Arbeit die Berechnungsgrundlagen im Internet veröffentlicht. Seitdem ist klar, dass keinerlei Lebenswirklichkeit die Grundlage war. Vielmehr hat die Regierung getrickst, klammheimlich gekürzt und die Teuerungsrate nicht hinreichend berücksichtigt. Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurden ignoriert. Genaue Analysen sind   hier nachlesbar  .

Herr Grindel

"Obwohl ... die Regelsätze für Kinder hätten sinken müssen, behalten wir die bisherige Höhe bei. Das hat auch etwas mit Vertrauensschutz zu tun."

Analyse

Die Bundesregierung räumt selbst ein, dass sie den Bedarf von Kindern nicht ermittelt hat, sondern weiterhin einen Prozentsatz eines Erwachsenen angesetzt hat. Diesen Prozentsatz hat sie dem Bundesverfassungsgericht nicht erklären können. Vielmehr wurde deutlich, dass der Ansatz der Bundesregierung realitätsfremd ist. Daher verlangte das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung des Bedarfs. Die Bundesregierung verstößt ganz bewusst dagegen. Details lesen Sie   hier  .
Statt von Vertrauensschutz muss man leider von Vertrauensmissbrauch sprechen.

Herr Grindel

Hinzu kommt das geplante Bildungspaket ... Kinder aus Hartz-IV-Familien müssen eine gute schulische Perspektive bekommen ..."

Analyse

Vom Bildungspaket wird eigentlich nur nebulös gesprochen. Was genau angedacht ist, finden Sie   hier   .
Daraus geht hervor, dass nur die Kinder partizipieren, die Nachhilfe oder sonstige Förderung nötig haben. Die Notwendigkeit sollen Lehrer feststellen.
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt auf, warum das Bildungspaket nicht funktionieren kann und nennt das Paket "eine Gelddruckmaschine für private Nachhilfeinstitute".
Die Lehrer werden auch keine Selektion vornehmen, welche Kinder Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungspaket haben.
Einzelheiten finden Sie   hier   .

Herr Grindel

nach Herrn Grindels Berechnungen erhält ein Paar mit einem Kind insgesamt 1.378,50 Euro netto. Ein Paar ohne Kind erhält 1.082,00 Euro netto

Analyse

Der Hinweis auf ein Nettoeinkommen soll offenbar einen Vergleich mit einem Nettoeinkommen von Personen mit Beschäftigung suggerieren. Dies ist jedoch so nicht zulässig. So bekommen Hartz-IV-Bezieher kein Kindergeld. Zu Vergleichszwecken muss man den Betrag für ein Kind (184,-- EUR) abziehen. Ausserdem müssen Hartz-IV-Bezieher ab 1.1.2011 ihre Rentenbeiträge selbst finanzieren. Bisher wurden vom Staat ca. 40 Euro in die Rentenversicherung eingezahlt. Zieht man zu Vergleichszwecken diese Beträge vom Nettobetrag ab, so erhalten Hartz-IV-Empfänger ein vergleichbares "Nettoeinkommen" von 1.114 EUR.
Bei 160 Stunden im Monat Arbeitszeit pro Person entspricht dies einem Netto-Stundenlohn von ca. 3,50 EUR, wenn beide Elternteile in Vollzeit beschäftigt sind. So muss man vergleichen, wenn beide Elternteile arbeitslos geworden sind.
Dies ist zwar ein Netto-Einkommen, aber der Abstand zu einem allgemein geforderten Mindestlohn von 8,50 EUR brutto beträgt also fast 100%.
Der Hinweis auf das sog. Netto-Einkommen der Hartz-IV-Empfänger suggeriert nicht nur falsche Vorstellungen bei der Höhe. Er unterstellt auch eine maximale Wohnraumgröße, die in der Praxis kaum realisierbar ist, da solch kleine Wohnungen nur selten angeboten werden. Wer in einer etwas größeren Wohnung lebt, muss Abzüge in Kauf nehmen. Manfred Poburski ist in Zeven in der Beratung von Hartz-IV-Empfängern tätig und schildert seine Erfahrungen im   Leserbrief in der Rotenburger Rundschau v. 10.10.2010, S. 13.

Herr Grindel

"dass ... nicht davon gesprochen werden könne, dass Hartz IV Armut per Gesetz sei"

Analyse

Das sehen andere ganz anders. Eine gute Zusammenstellung hat Holdger Platta mit dem Titel   Kleinrechnerei als Grossbetrug   erstellt. Er weist nach, dass die Pläne der Koalition vielfach gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstoßen.

Herr Grindel

"Hartz IV ist Hilfe für Arbeitslose in Not, die von vielen finanziert wird, die auch nicht auf Rosen gebettet sind"

Analyse

An der Finanzierung beteiligen sich Selbständige und Reiche, die vom Einkommen aus Kapitalerträgen leben, allerdings nicht.



Warum äußert sich Herr Grindel so?

Herr Grindel lebt konsequent nach der Devise:
"wes Brot ich esse, des Lied ich singe".

Herr Grindel isst seit eh und je das Brot der CDU.
Herr Grindel trat im Alter von 16 Jahren in die CDU ein. Sein Studium der Rechtswissenschaften finanzierte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Nicht nur aus Dankbarkeit dafür lobt Herr Grindel alles, was die CDU macht, in höchsten Tönen. Diese Haltung hat sich wiederholt für seine Karriere bezahlt gemacht.
So zog er 2002 und 2005 in den Landtag von Niedersachsen über die Landesliste ein. Für einen guten Listenplatz muss man allerdings das Wohlwollen der Vorderen haben. Und das erarbeitet sich Herr Grindel immer neu. So ist er in dieser Legislaturperiode u.a. im Innenausschuss des Deutschen Bundestages.

In Scheessel betonen etliche CDU-Politiker immer wieder, wie froh sie sind, mit Reinhard Grindel einen CDU-Vertreter im Bundestag zu haben.
Jeder, der sich so mit Reinhard Grindel solidarisiert, muss sich allerdings fragen lassen, ob er es denn auch so hält, wenn er mit seinem Wähler im Gespräch ist:

Es zählt nicht die Sache, sondern die Anbiederung an die CDU-Führung.

Im nächsten Jahr ist wieder Kommunalwahl.

Ernst Friesecke, 10.10.2010



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