Alfred Rathjen aus Westerholz legt sein Mandat im Gemeinderat nieder.
Das tut weh. Denn Alfred Rathjen ist nicht irgend wer.
Alfred Rathjen muss man nicht vorstellen, nicht in Westerholz, nicht in Scheessel.
In Westerholz kennt man ihn überall, in Politik, im Sport, beim Theater, in der Feuerwehr.
In Scheessel kennt man ihn in Politik und beim Heimatverein.
Ganz so überraschend war der Schritt aber wohl nicht. Schon in der letzten
Sitzung des Finanzausschusses am 25.2.2010 fehlte Herr Rathjen.
Mit dem Schritt bezieht Herr Rathjen Position. Grundlegende Dinge gefallen ihm nicht.
Da beklagt er, dass er vor Entscheidungen nicht informiert war. So über die angedachte
Schließung des Kindergartens Westerholz in 2011. Immerhin ist er im Ortsrat Westerholz.
Die Informationspolitik in Scheessels Verwaltung und CDU scheint besonderen Gesetzen zu unterliegen.
Ich erinnere mich an eine Ausschuss-Sitzung, in der die Verlegung des Archivs in
die Grundschule vorgetragen wurde. Auf die Frage der SPD, was der Archivar, Herr Müller-Scheeßel,
dazu sage, antwortete die Bürgermeisterin, der wisse noch nichts davon, aber man könne
von seinem Einverständnis ausgehen, da er alles mitmache, was sinnvoll sei.
Und was sinnvoll ist, weiß die Bürgermeisterin offenbar ohne Rücksprache mit den Betroffenen.
Herr Rathjen weist ferner darauf hin, dass die Gewerbesteuereinnahmen höher als
prognostiziert ausfielen. Also fehlt aus seiner Sicht der Grund für eine Anhebung.
Hier übersieht Herr Rathjen, dass die Kommunalaufsicht genau diesen Satz der Gewerbesteuer
erwartet. Die Ratsmitglieder insbesondere der CDU haben in der Sitzung des
Finanzausschusses letztlich deutlich gemacht, dass sie nicht nach sachlicher Notwendigkeit
oder eigener Überzeugung beschließen, sondern in vorauseilendem Gehorsam.
"Liebe Kommunalaufsicht, bitte genehmige unseren Haushalt 2010 und unser Haushaltssicherungskonzept.
Wir sind auch ganz artig und machen, was wir sollen."
Herr Steppat von der UFS wehrte sich in der Sitzung des Finanzausschusses gegen den
Umfang der Erhöhung sinngemäß wie folgt:
"Die Kommunalaufsicht ist nicht Gott. Man muss der Kommunalaufsicht dann mal sagen: 'Das
machen wir nicht mit.' Wir stehen als Gemeinde gar nicht so schlecht da. Wieso müssen
wir uns da Vorschriften machen lassen?"
Er bekam keine Antwort. Schließlich ist man nicht gewohnt, unterschiedliche Meinungen
sachlich auszudiskutieren und Sachentscheidungen zu treffen. Und es fehlt an
Rückgrat, das man allerdings auch nur mit fundierten Kenntnissen haben kann.
Da aber gerade in der CDU die zu treffenden Abstimmungen in Fraktionssitzungen festgelegt
werden, dürften dort häufiger Debatten um Entscheidungen geführt werden
als es der Bürger mitbekommt.
Wenn sich jedoch Geradlinigkeit und taktische Manöver nicht miteinander
vereinbaren lassen, muss jeder für sich entscheiden, wozu er steht.
Herr Rathjen hat sich für Geradlinigkeit entschieden.
Ernst Friesecke, 27.2.2010
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