Wer die Haushaltsgespräche der verschiedenen Arbeitsgruppen in den vergangenen Wochen
miterlebt hat, hat eine unglaubliche Hilflosigkeit der Ratsmitglieder feststellen können.
1,6 Mio. EUR beträgt der Verlust nach vorliegendem Plan. Die Gründe dafür
werden wie folgt benannt:
1. Einführung neuer Buchführungsvorschriften nach Doppik
2. höhere Kreisumlage um 2%
3. wegbrechende Gewerbe- und Einkommensteuereinnahmen
Ließ sich dies verhindern oder wenigstens in Grenzen halten?
In den Gesprächen wird dies nicht nur wie gottgegeben behandelt, die wegbrechenden
Einnahmen werden zumindest in der Größenordnung als unvorhersehbar
betrachtet. Und die Erhöhung der Kreisumlage wurde so beschlossen. Da kann
man dann nichts machen.
Aber ist das so?
Die Umstellung auf Doppik wird grundsätzlich vorgeschrieben, allerdings
nicht zwingend für dieses Jahr. Man hätte Zeit bis 2012 gehabt. Dies
wäre in diesem Jahr von Vorteil gewesen, aber aufgeschoben ist bekanntlich
nicht aufgehoben. So gesehen war die Umstellung vermutlich richtig.
Allerdings hätte man schon wesentlich früher wissen können, dass
dies zu Verlusten führt. Das böse Erwachen am Jahresende 2009 hätte
so nicht sein brauchen.
Die Erhöhung der Kreisumlage bedeutet pro % etwa 81.000,--EUR an Kosten
für die Gemeinde Scheessel. 2% Erhöhung wurden beschlossen. Davon wurde 1%
mit dem Bürgerentscheid zu den Rettungswachen begründet. Der Landkreis
gab die Devise aus, was der Bürger bestellt muss er auch bezahlen. Der Landkreis
hat aber bisher kein Konzept unter Berücksichtigung einer Kostenoptimierung erarbeitet.
Die behaupteten Kosten in Höhe von 1% sind aus der Luft gegriffen.
Das 2. Prozent an Erhöhung ist reines Weiterreichen von oben nach unten.
Eine Verursachung durch die Bürger ist nicht gegeben. Läßt man
also das Verursacherprinzip zu, so hätte die Kreisumlage um max. 1% - wenn überhaupt -
erhöht werden dürfen.
Konnten wir uns nicht dagegen wehren?
Hätten die beiden CDU-Vertreter der Gemeinde Scheessel, Frau Bassen und Herr Frick,
gegen die Erhöhung gestimmt, so wäre diese nicht beschlossen worden. Der
Antrag des Landkreises hätte bei der Abstimmung im Kreistag keine Mehrheit
bekommen.
Diese Kosten haben wir einzig und allein diesen beiden Personen zu verdanken.
Das Wegbrechen von Gewerbe- und Einkommensteuer hätte niemanden überraschen
dürfen, auch nicht in der Höhe. Wir wissen seit Jahren um die Schwierigkeiten
mittelständischer Betriebe auch hier in Scheessel. Wir wissen auch seit Jahren, dass der
Niedriglohnsektor ausgebaut wird. Damit sinkt selbstverständlich die
Einkommensteuer, die teilweise die Kommunen erhalten.
Fazit:
Das Minus ist teilweise selbstverschuldet, teils achtlos mitverschuldet und
hätte niemand überraschen dürfen.
Wie geht es weiter?
In den nächsten Jahren wird es weitere Einnahmeverluste der Kommunen geben.
Hoffen auf bessere Zeiten ist nicht angebracht. Wer sich mit Politik und Wirtschaft
beschäftigt, wird mir wohl kaum widersprechen.
Welche Konsequenzen hat dies?
Die Gemeinde wird daher ihren Haushalt von der Kommunalaufsicht genehmigen lassen
müssen. Und alle wissen, dass die Kommunalaufsicht noch manchen Posten streichen
wird, den die Ausschuss-Mitglieder nicht streichen wollen. Das einzige Gegenmittel
ist das Erzielen von Einnahmen. Aber woher nehmen?
Die Diskussionen im Rathaus haben einen unglaublichen Mangel an Kreativität aufgezeigt.
Streichungen wurde zugestimmt mit hilflosem Achselzucken und den Worten:
"Was wollen wir denn tun, wenn wir kein Geld haben?"
Was ist den Ratsmitgliedern und der Verwaltung bisher eingefallen?
Verkauf von 2 Gebäuden
Streichen und Schieben von Investitionen
Streichen und Schieben von Baumaßnahmen
Kürzen von Leistungen
Anheben von Gebühren
Insgesamt sind Peanuts zusammengekommen. Im Raum steht noch eine Kürzung
der Personalkosten um 10%. Als Beobachter der Gespräche bin ich absolut
sicher, dass diese Vorgabe nicht erfüllt werden kann.
Was wird also kommen?
In einer Sitzung wurde es schon mal laut gedacht:
"... in Bremervörde haben sie die Grundsteuer auf 600 Punkte angehoben."
Man war sich einig: "Das wollen wir nicht."
Aber diesen Haushaltsplan kann man der Kommunalaufsicht gar nicht vorlegen.
Also wird man die Grundsteuer B kräftig anheben.
Eigentümer und Mieter sind gleichermaßen die Geschröpften.
Ist dies wirklich unvermeidlich?
Aus Sicht der Verantwortlichen sicher. Sie werden es zumindest behaupten.
Man muss aber auch sehen, dass insgesamt nur ein Posten eingestellt wurde, der
den Begriff einer Wirtschaftsförderung rechtfertigt: die Gemeinde will in
schnelles Internet investieren.
Ansonsten wird etwas Geld für Einzelmaßnahmen ausgegeben.
Den Bereich Touristik will man sehr kräftig ausbauen. Die vorgetragenen
Ergebnisse nach 10 Monaten Arbeit sind eine reine Lachnummer. Das hätten
5 Eichenschüler in der großen Pause erarbeitet.
Scheessel befindet sich seit Jahren im Abstieg, wie man an Hand der zunehmenden
Leerstände erkennen kann. Der Abstieg hat enorm an Fahrt zugenommen.
Aus dieser Hilflosigkeit heraus müssen die Bürger mit etlichen kleineren
Kostensteigerungen und mit der Streichung etlicher Leistungen, die z.T. fest
zugesagt waren, rechnen.
Der entscheidende Schluck wird aus einer
deutlichen Grundsteuererhöhung kommen !
Die Bürger können meine Analyse überprüfen.
Gehen Sie zur nächsten Sitzung des Finanzausschusses am 25.2.2010 um 19:30 Uhr im Rathaus!
Machen Sie sich selbst ein Bild!
Ernst Friesecke, 19.2.2010
|